Ideen und Maßnahmen für verbesserten Hochwasserschutz
Zülpich, 19. September 2022
- Experten informierten im Strukturausschuss über den aktuellen Sachstand
- Ziel ist ein kombiniertes kommunales und interkommunales Schutzkonzept
Schon vor der Unwetterkatastrophe im vorigen Jahr hatte das Thema „Starkregen- und Hochwasserschutz“ bei Verwaltung und Politik in der Stadt Zülpich einen hohen Stellenwert. In Zusammenarbeit mit dem Erftverband wurde in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe an Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes vorgenommen. Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat jedoch allen Beteiligten deutlich vor Augen geführt, dass alle sich bietenden Optionen zur Reduzierung des Risikos ausgeschöpft werden müssen. „Wir sind innerhalb der Verwaltung auf vielen Arbeitsebenen und darüber hinaus in zahlreichen Gremien aktiv, um den präventiven Hochwasserschutz kommunal, aber auch interkommunal
bestmöglich und nachhaltig zu gestalten“, so Bürgermeister Ulf Hürtgen.
Während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Struktur, Verkehrs- und Energiewende informierten Dr. Peter Kramp, Berater der Stadt Zülpich für Starkregen- und Hochwasserschutz, und Dr. Christian Gattke, Abteilungsleiter Flussgebietsbewirtschaftung beim Erftverband, über den aktuellen Sachstand zur Erstellung eines interkommunalen Hochwasser- und Starkregenschutzkonzeptes sowie eines kommunalen Konzeptes für das Gebiet der Stadt Zülpich.
Oberste Ziele des präventiven Starkregen- und Hochwasserschutzes, so Dr. Peter Kramp, seien die Minimierung der Schäden an Mensch und Gut für das Stadtgebiet Zülpich und zugleich die Schaffung eines Beitrages zum Hochwasserschutz für die bachabwärts liegenden Gemeinden sowie der dort lebenden Menschen. Als Schlüsselmaßnahmen zur zeitlichen Entzerrung von Hochwasserscheitelwellen im Stadtgebiet und darüber hinaus nannte Kramp die Nutzung des Zülpicher Wassersportsees als Notabschlag im Falle eines größeren Hochwasserereignisses, den Neubau eines Hochwasserrückhaltebeckens oberhalb von Schwerfen sowie die Führung des Oberflächenstroms um Sinzenich herum.
Dr. Christian Gattke erläuterte die Maßnahmen, die in den Aufgabenbereich des Erftverbandes fallen, im Detail und ging auch auf die Arbeit der interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft ein. Bereits in der Umsetzung befindet sich eine Hochwasserschutzmaßnahme in Sinzenich. Dort wird der Marienbach vom Ortsrand weg in Richtung Süden verlegt und fließt in Zukunft zusammen mit dem ebenfalls umgestalteten Rotbach innerhalb einer Sekundäraue in einem neuen, mäandrierenden Gewässerbett. Der Aushub aus der Sekundäre wird genutzt, um das Gelände zwischen dem südöstlichen Ortsrand und den beiden Gewässern deutlich zu erhöhen und somit die Überflutungsgefahr für Sinzenich zu reduzieren. Schon in Kürze sollen die beiden Bäche in ihr neues Gewässerbett umgeleitet werden. Mit der Fertigstellung der Maßnahme ist ebenfalls noch in diesem Jahr zu rechnen.
Dr. Christian Gattke (r.), Abteilungsleiter Flussgebietsbewirtschaftung beim Erftverband, erläuterte in seiner Präsensation die vom Erftverband geplanten Maßnahmen und ging auch auf die Arbeit der interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft ein.
Foto: Stadt Zülpich / Jürgen Kremer
In Sinzenich befindet sich eine Hochwasserschutzmaßnahme bereits in der Umsetzung. Die dort entstehende Auenlandschaft wird von den neuen Bachbetten für Marienbach und Rotbach durchzogen. Zum Ortsrand hin wird das Areal durch einen etwa 500 Meter langen Schutzwall abgegrenzt.
Foto: Stadt Zülpich / Torsten Beulen
Mit dem Bau eines Hochwasserüberlaufs für den Vlattener Bach könnte bei einem größeren Ereignis ein Teil des Hochwassers in den unmittelbar angrenzenden Wassersportsee umgeleitet werden. Dadurch würde eine Reduzierung der Gefährdung für die unterhalb liegenden Ortsteile, beispielsweise für Lövenich, Nemmenich sowie Ober- und Niederelvenich, erreicht werden. Ein ähnliches Bauwerk gibt es bereits am Neffelsee bei Füssenich. Dadurch konnte während der Hochwasserkatastrophe im gesamten Neffeltal Schlimmeres verhindert werden.
Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in Schwerfen und Sinzenich sehen die Planungen des Erftverbandes ein Hochwasserrückhaltebecken im Rotbachtal oberhalb der am südlichen Ortsrand gelegenen Talmühle vor. Durch den Bau eines maximal 8,75 Meter hohen und am Fuß 50 Meter breiten Dammes könnten im Bedarfsfall auf einer Einstaufläche von rund sechs Hektar zirka 165.000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten und zeitlich verzögert abgelassen werden. Die Vorstellungen des Erftverbands zu dieser Maßnahme wurden von allen Sitzungsteilnehmern sehr begrüßt.
Als weitere, mittelfristig umsetzbare Maßnahme – in diesem Fall mit interkommunalem Charakter – nannte Gattke die Umgestaltung des Mühlensees in Kommern. Ziel ist dort die Maximierung des Hochwasserrückhalteraumes sowie die Realisierung einer Drosselabgabe. Diese Maßnahme würde nicht nur zu einer Reduzierung der Hochwassergefahr für die Mechernicher Ortslagen Kommern und Firmenich/Obergartzem führen, sondern unter anderem auch für die am Bleibach gelegenen Zülpicher Ortsteile Dürscheven und Mülheim-Wichterich.
Mit Blick auf die Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes für das Stadtgebiet Zülpich hat die Verwaltung darüber hinaus bereits eine umfangreiche Sammlung an Ideen zusammengetragen. Dabei wurden insbesondere auch Hinweise aus der Politik, der Bevölkerung, der Landwirtschaft und von Seiten der Ortsvorsteher berücksichtigt. Eine Ergänzung soll die Liste über Bürger-Workshops erfahren, die unmittelbar nach Bewilligung der von der Stadt Zülpich für das kommunale Schutzkonzept beantragten Fördermittel angedacht sind. Bei sämtlichen Maßnahmen ist allen Beteiligten stets der Blick „über den
Tellerrand“ hinaus wichtig, denn – darin sind sich alle einig – ein wirkungsvoller und nachhaltiger Starkregen- und Hochwasserschutzmaßnahmen kann nur gelingen, wenn er interkommunal miteinander abgestimmt angegangen wird.
Dr. Gattke ließ bei seinem Vortrag nicht unerwähnt, dass es zur Realisierung der Projekte, die sich aktuell in der Vorplanung befinden, noch einer Detailplanung bedarf, eine ausreichende Flächenverfügbarkeit sicherzustellen ist und behördliche Genehmigungen erteilt werden müssen. Die Sitzungsteilnehmer waren sich einig, dass es bei diesen nachhaltigen und wirkungsvollen Schutzmaßnahmen keine unnötigen Verzögerungen und behördliche Hindernisse geben darf.
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